- Wirtschaft: Räumliche Wirtschaftsentwicklung
- Wirtschaft: Räumliche WirtschaftsentwicklungVolkswirtschaften unterliegen im Zeitverlauf beträchtlichen Veränderungen. Vormals wirtschaftlich prosperierende Regionen verlieren im Zuge eines strukturellen Wandels an Bedeutung, andere Regionen wiederum erleben eine wirtschaftliche Blütezeit. Diese strukturelle Veränderung zwischen den Regionen ist entweder das alleinige Resultat von Marktprozessen oder auch von einer bewusst betriebenen staatlichen Wirtschaftsförderung. Die Ansiedlung von Produktionsstätten ist im Allgemeinen nicht gleich verteilt über eine Region. Vielmehr ist typisch, dass sich wirtschaftliche Ballungsgebiete, Agglomerationen oder Verdichtungsräume, bilden,in denen sich Bevölkerung und Arbeitsplätze konzentrieren. Häufig bilden die Hauptstädte von Ländern Wirtschaftszentren, aber auch besonders verkehrsgünstig gelegene Gebiete wie z. B. die Rheinschiene mit ihren Transportmöglichkeiten und ihrer Nähe zu ausländischen Märkten. Weitere Merkmale für die Standortwahl eines Unternehmens (Standortfaktoren), sind Rohstoffvorkommen, günstige Verkehrs- und Kommunikationsflächen, ein geeignetes Angebot an Grundstücken und Entsorgungseinrichtungen, Kundennähe, Arbeitskräftepotenzial, Bildungseinrichtungen, Wirtschaftsförderung und niedrige örtliche Steuern. Wenn sich in einem Raum eine bestimmte Industrie angesiedelt hat, kommt es im weiteren Verlauf auch zur Ansiedelung von Produktionsstätten der Weiterverarbeitung, z. B. entstehen in den Erdölhäfen häufig auch Raffinerien, oder im Ruhrgebiet folgten den Kohlezechen die Betriebe der Stahlindustrie.Marktbedingte räumliche EntwicklungenRegionen gewinnen oder verlieren an Bedeutung je nach der überwiegenden wirtschaftlichen Struktur. Da die norddeutschen Werften gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht mehr wettbewerbsfähig waren, mussten immer mehr von ihnen schließen, und die ehemals wohlhabenden Küstenregionen büßten an wirtschaftlicher Bedeutung ein. Für Hamburg kam zusätzlich hinzu, dass nach dem Zweiten Weltkrieg das Hinterland fehlte, welches früher den Hafen nutzte. Das Ruhrgebiet und das Saarland sind weitere Beispiele für eine räumliche Verschiebung der wirtschaftlichen Aktivitäten. Das ehemalige Zonenrandgebiet (der an die ehemalige DDR und Tschechische Republik angrenzende Ostteil Westdeutschlands) war bis zur Wiedervereinigung ausgesprochen strukturschwach, denn fehlendes Umland, weite Transportwege und eine schlechte Infrastruktur hielten die Unternehmen von Ansiedlungen ab. Dafür gewannen andere Regionen wie z. B. Südhessen mit Frankfurt als internationalem Bankenplatz und auch Bayern mit beträchtlichen industriellen Neuansiedlungen an Bedeutung.Sind für die Industrie Rohstoffvorkommen für eine Standortwahl entscheidende Faktoren, so verlieren diese mit dem Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft an Bedeutung. Wegen der modernen Informations- und Kommunikationsmedien können verschiedene Tätigkeiten über die ganze Welt verstreut ausgeübt werden. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Entwicklung von Software in Indien, die dann über das Internet rasch zum Mutterunternehmen gesendet werden kann. Die gesunkenen Transportkosten begünstigen die Dezentralisierung der Produktion und lassen die Verkehrsanbindung immer bedeutender werden. Neben qualifizierten Arbeitskräften spielt hier insbesondere der Lohnunterschied eine wichtige Rolle. Je lohnintensiver eine Branche arbeitet, desto eher ist sie bereit, ihren Standort in ein Billiglohnland zu verlagern. Von dieser Entwicklung wurde insbesondere die westdeutsche Textilindustrie betroffen.Staatliche FörderungNeben den Marktfaktoren spielt die staatliche Wirtschaftsföderung eine wesentliche Rolle für die Entwicklung von Regionen. Regionalpolitik wird auf allen Ebenen betrieben. So unterhält die EU einen Strukturfonds, der für die wirtschaftliche Förderung strukturschwacher Gebiete vorgesehen ist. Auf Bundesebene werden ebenfalls Förderprogramme aufgelegt, aber die Hauptlast tragen die Länder und Kommunen. Insbesondere die Gemeinden können mit attraktiven Steuersätzen versuchen, Unternehmen für Neuansiedlungen zu locken. Steuerliche Anreize stellen ein wichtiges Instrument im Wettbewerb der Regionen um Unternehmen und damit um Arbeitsplätze dar. Diese müssen aber mit einer Entwicklung der regionalen Infrastruktur einhergehen. Hierzu zählen nicht nur Straßen, Kanäle sowie Bahn- und Flugverbindungen, sondern auch Schulen, Forschungseinrichtungen und Universitäten sowie Kultur- und Freizeitangebote. Es kann zu räumlichen Veränderungen zwischen Staaten oder Wirtschaftsräumen kommen, wenn eine protektionistische Politik wie etwa Importquotierung betrieben wird oder hohe Zölle erhoben werden. Dies kann ausländische Unternehmen veranlassen, ihren Standort in das entsprechende Wirtschaftsgebiet zu verlagern. Schließlich ist noch der steuerliche Wettbewerb zwischen den Staaten zu nennen. Diese Politik zur Ansiedlung neuer Unternehmen wurde in den letzten Jahren insbesondere von Irland erfolgreich betrieben.
Universal-Lexikon. 2012.